Ein Traum der Menschheit... unbegrenzte Energie, ohne die Umwelt zu belasten. Das Team der Rolf Kind GmbH mit Sitz in Lindlar, ca. 40 km östlich von Köln, arbeitet jeden Tag hart daran, diesen Traum in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft wahr werden zu lassen. „Unsere Komponenten werden dazu beitragen, ein riesiges Feuer zu entfachen, das es so noch nie gegeben hat, und unsere Zusammenarbeit mit dem CERN spielt dabei eine entscheidende Rolle“, sagt Markus Kind, kaufmännischer Geschäftsführer und einer der beiden Gesellschafter des Familienunternehmens.
Das Feuer bezieht sich auf die letzte bekannte, aber noch nicht nutzbare Primärenergiequelle: die Kernfusion, die Verschmelzung von Atomkernen. Atome sollen mit enormen Kräften zusammengeschossen werden, um viel mehr Energie zu erzeugen, als für die Zusammenstöße benötigt wird. Die Kraft der Sonne und der Sterne, wie die Physiker sagen. Denn in der Sonne verschmelzen jede Sekunde viele Milliarden solcher Kerne und setzen dabei enorme Mengen an Wärme frei.
In die Kernfusion werden große Hoffnungen gesetzt. Befürworter sprechen von einer sicheren und unerschöpflichen Energiequelle, die die Umwelt nicht schädigt. Der bei der Fusion verwendete Brennstoff, in der Regel Isotope des Wasserstoffs, setzt keine Treibhausgase frei. Dies ist ein Vorteil gegenüber fossilen Brennstoffen.
Es liegt auf der Hand, dass die Nachfrage nach Elektrizität enorm steigen wird, nicht nur in anderen Regionen der Welt, sondern auch als Folge des Klimawandels. Erneuerbare Energien allein werden diesen Bedarf in Zukunft nicht decken können. Und anders als bei der Kernspaltung mit Uran entstehen bei der Kernfusion kaum radioaktive Abfälle.
Die Fusionsforschung wird voraussichtlich eine ganz neue Industrie für den Bau und den Betrieb der Kraftwerke von morgen schaffen. Start-ups, Spinn-offs von Forschungsinstituten und Industrieunternehmen entwickeln derzeit Prototypen und sammeln Geld von Investoren ein. Neben dem bekanntesten Projekt, dem Fusionsforschungsreaktor ITER in Cadarache in Südfrankreich, gibt es weltweit rund 40 Fusionsprojekte, vor allem in den USA, Deutschland, Japan und China. Es wurden bereits Milliardenbeträge investiert.
Seit mehr als zwei Jahrzehnten liefert die Rolf Kind GmbH komplexe und hochbelastbare Schmiedeteile, die helfen, das Fusionsfeuer, das „Plasma“, wie es die Fachleute nennen, zu kontrollieren und die metallische Struktur um die leistungsstarken Magnete zu bilden. Im Laufe der Jahre hat das Unternehmen mehr als 7.000 Tonnen Edelstahlkomponenten für Fusionsprojekte in der ganzen Welt geliefert.
„Die Fusionstechnologie hat das Potenzial, einen echten Wandel herbeizuführen und unseren Planeten für immer zu verändern“, erklärt Markus Kind. „Wenn es uns gelingt, diese Technologie zur Marktreife zu bringen, werden wir über eine sichere, unerschöpfliche und zuverlässige Energiequelle verfügen.“ Die technischen Herausforderungen sind jedoch nicht einfach. Die Kräfte, denen die Komponenten in zukünftigen Fusionskraftwerken ausgesetzt sind, sind enorm. Um diese Herausforderungen zu meistern, arbeitet das Unternehmen seit mehr als einem Jahr mit Experten des CERN zusammen, um zu testen, ob neue Edelstahlsorten diesen extremen Belastungen standhalten können. Diese Zusammenarbeit wurde nun um weitere zwei Jahre verlängert, um weitere Werkstoffe zu testen.
Das CERN ist eines der größten und renommiertesten Institute für Grundlagenforschung in der Physik weltweit. Hier suchen die Forscher nach den grundlegenden Gesetzen des Universums. Für die Entwicklung, den Bau und die Wartung der Infrastruktur, die für die Durchführung der einzigartigen Experimente benötigt wird, verfügt das CERN über eine Reihe der weltweit besten Experten auf dem Gebiet der Materialwissenschaften. Der von der Rolf Kind GmbH hergestellte rostfreie Stahl kann in den Laboren des CERN bei Temperaturen von bis zu 4K oder -269°C getestet werden. Die supraleitenden Magnete der Fusionskraftwerke werden später mit flüssigem Helium bei genau dieser Temperatur arbeiten.
„Unsere Zusammenarbeit mit dem CERN bedeutet, dass wir mit einem der modernsten Labore der Welt und Experten mit viel Know-how zusammenarbeiten, um den richtigen Stahl für die Anforderungen der Fusionskraftwerke von morgen zu finden“, erklärt Markus Kind. „Wir haben das technische Know-how in der Materialauswahl und Schmiedetechnik und am CERN kann das Material genau nach unseren Vorgaben getestet werden.“
„Die mechanische Charakterisierung bei kryogenen Temperaturen war für den Bau des Large Hadron Collider (LHC) unerlässlich. Eine große Anzahl von hochfesten Strukturwerkstoffen wurde in Tausenden von Tests bei kryogenen Temperaturen qualifiziert“, sagt Stefano Sgobba, Leiter der Abteilung Werkstoffe, Metrologie und zerstörungsfreie Prüfung der Gruppe Maschinenbau und Werkstofftechnik am CERN.
„Wir sind begeistert, dass diese einzigartigen Einrichtungen und das über mehrere Jahrzehnte entwickelte Know-how zusammen mit der Expertise von Rolf Kind in fortschrittlichen Schmiedetechnologien einen Beitrag zur Zukunft einer so vielversprechenden Energiequelle wie der Kernfusion leisten zu können“, sagt Ignacio Aviles Santillana, verantwortlich für die kryogenen mechanischen Prüfungen der Sektion.
So hat sich die Rolf Kind GmbH in den letzten Jahren ein großes Know-how aufgebaut. „Ich glaube, wir können uns zu Recht als einer der Hidden Champions in diesem Bereich bezeichnen. Im Bereich der hochbelasteten Schmiedestücke für die Fusionsindustrie sind wir hoch spezialisiert und deutlich näher am Kunden. Wir entwickeln unsere Produkte ständig entsprechend den Anforderungen unserer Kunden weiter - und das auf internationalem Niveau“, so Markus Kind.
Auch die deutsche Bundesregierung hat das Potenzial der Kernfusion erkannt. Sie will in den kommenden Jahren eine Milliarde Euro in die Fusionsforschung investieren und damit die Grundlage für ein Fusions-Ökosystem in der Industrie schaffen. „Die Fusion ist eine riesige Chance, alle unsere Energieprobleme zu lösen“, sagte Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger im vergangenen Sommer.
Dass auch die Mitarbeiter der Rolf Kind GmbH für das Fusionsfeuer brennen, liegt auf der Hand. Der Menschheitstraum von unerschöpflicher Energie - marktfähige Fusionsreaktoren für eine stabile, umweltfreundliche und bezahlbare Energieversorgung - kann mit Schmiedestücken der Rolf Kind GmbH in Lindlar Wirklichkeit werden. Sie werden auf jeden Fall gebraucht.